Kritik & Unser Fazit:
An den Kinokassen stellte sich 'Manchester by the Sea' zwar als nur mässig erfolgreich heraus, aber dafür wurde das von Regisseur Kenneth Lonergan selbst geschriebene Drama nicht nur mit guten Kritiken, sondern verschiedenen Preisen überhäuft - darunter auch mit einem Oscar für das beste Drehbuch und für den besten Hauptdarsteller. Tatsächlich ist Regisseur Lonergan mit seinem Film ein einfühlsames Drama gelungen bei dem man in stillen und langsamen Bildern das Seelenleben der Protagonisten durchleuchtet. Das ist interessanterweise aber nicht nur ein Pluspunkt, denn zuweilen meint es Lonergan fast ein bisschen zu gut und bei einer Laufzeit von 137 Minuten erweist sich 'Manchester by the Sea' über gewisse Strecken auch durchaus als kleine Geduldsprobe. Langatmig heisst in diesem Fall aber ausnahmsweise nicht langweilig.

Denn auch wenn 'Manchester by the Sea' zuweilen fast nicht vom Fleck zu kommen scheint, dann weiss der Film mit seiner direkten und unverblümten Art und seiner eigenwilligen, von vielen Rückblenden durchzogenen Erzählstruktur dennoch zu packen und sogar zu berühren.

Keine einfache Aufgabe bei einem Film, der grösstenteils von unsympathischen Figuren bevölkert ist. Vor allem Hauptfigur Lee, gespielt von Casey Affleck, macht es einem nicht immer leicht. Stoisch, emotionslos geht er durch die Welt und auch wenn das schwere Schicksal, das er und seine Ex-Frau erleidet haben, eine Erklärung für sein Verhalten liefert, dann ist das Verhalten der Figur nicht immer nachvollziehbar. Etwas, was man auch von seinem Neffen behaupten kann: 16 Jahre alt, gerade seinen Vater verloren, scheint davon aber wenig betroffen zu sein und denkt lieber an den Sex mit seinen zwei (!) Freundinnen - die natürlich nichts voneinander wissen. Teenager halt - und dennoch eine sehr ungewöhnliche Art der Trauerverarbeitung. Wie sich aber herausstellt ist Lonergans Film an herkömmlicher Trauerbewältigung ohnehin nicht interessiert.

Und das ist auch gut so, denn damit kann sich der Film von anderen Vertretern des Genres auf positive Art und Weise abheben. Das mag, genau wie die etwas unpassend wirkende Filmmusik, ein bisschen prätentiös wirken und scheint weniger direkt auf dem Leben gegriffen zu sein, als es der Film eigentlich vermitteln will, aber zumindest driftet man nie in melodramatische Gefilde ab. Massentauglich ist der ruhige, geradezu langsame Film aber sicherlich nicht und auch namhafte Darsteller können daran nichts ändern. Afflecks Darstellung mag von der Darbietung her von seinen sonstigen Rollen kaum abweichen, aber für diesen Film bzw. diese Rolle passt es hervorragend und auch wenn Michelle Williams' Rolle sich auf ein paar wenige Minuten begrenzt, dann hinterlässt sie - nebst Jungdarsteller Lucas Hedges - dennoch einen bleibenden Eindruck.

Schlussendlich mag es sich bei 'Manchester by the Sea' um einen etwas zu lang geratenen und sicherlich auch leicht überbewerteten Film handeln, aber Themen wie Trauer und Trauma wurden in jüngster Zeit selten auf so ehrliche und direkte Art auf der Leinwand verarbeitet.

In technischer Hinsicht hinterlässt 'Manchester by the Sea' beim Bild einen hervorragenden Eindruck und glänzt dabei mit Schärfewerten, die vielfach sogar auf Referenzniveau angesiedelt sind. Die Detailzeichnung weiss ebenso zu überzeugen und auch sonst weist das Bild Werte auf, die kaum besser sein könnten. Da stört es dann auch nicht, dass sich das Bild lediglich in dunkleren Szenen ein bisschen schwer tut. Der Ton fällt vielleicht nicht sonderlich spektakulär aus und spielt im üblichen Rahmen des Drama-Genres, macht aber durchgehend einen sehr zufriedenstellenden Eindruck. Kommt hinzu, dass die Disc über eine kleine, aber recht feine