Kritik & Unser Fazit:
Woody Allen ist und bleibt der König der Neurotiker - auch wenn es seine wohl berühmt-berüchtigste Charaktereigenschaft im Fall seines neuesten Films 'Blue Jasmine' nicht sich selbst, sondern seiner weiblichen Hauptfigur zuschreibt. Aber wer würde nicht zum neurotischen Wrack mutieren, wenn er einen dermassen radikalen gesellschaftlichen Abstieg wie die vom Leben bis anhin verwöhnte Jasmine durchmachen müsste. So wird man Zeuge, wie die überkandidelte Ex-Gesellschaftsdame nach dem Freitod ihres in jeder Hinsicht betrügerischen Ehemanns einen halbherzigen Neustart versucht. Dass dieser auf Kosten ihrer Halbschwester geht, setzt dem Ganzen allerdings regelrecht die Krone auf und macht aus Cate Blanchetts Figur eine Antiheldin, wie sie im Buche steht.

Es ist dann auch Blanchetts verdientermassen mit einem Oscar ausgezeichneten Schauspieltalent zu verdanken, das man ihrer Figur doch noch etwas sympathisches abgewinnen kann - auch wenn die Grenze zur Schadenfreude vielfach überschritten wird.

Dass Allen bei seiner komödiantischen, aber dennoch tragischen Charakterstudie die Selbstgespräche seiner Hauptfigur sehr gezielt als Überbrückung für einige für die Handlung sehr wichtige Flashbacks einsetzt, macht den storymässig eigentlich simpel gehaltenen Film nicht nur abwechslungsreicher, sondern auch komplexer - nicht zuletzt, da sich Allen zum Schluss hin noch einen kleinen Twist aufspart der die Hauptfigur nochmals in ein etwas anderes Licht rückt. Die Moral von der Geschichte? Die gibt es vielleicht gar nicht. Spätestens der (etwas abrupte) Schluss verdeutlicht nämlich, dass zumindest Jasmine selbst nicht viel gelernt hat und zu der Art Menschen gehört, die ihrem Umfeld, insbesonders ihrer Schwester, weitaus mehr Schaden als Nutzen bringt.

Blanchett begeistert mit ihrem extrem nuancierten Spiel dermassen, dass sie einen Grossteil der restlichen Besetzung regelrecht in den Schatten stellt. Einzige Ausnahme: Sally Hawkins. Diese spielt Blanchetts sozial benachteiligte Schwester nicht nur äusserst glaubwürdig, sondern schafft es, in schauspielerischer Hinsicht auf fast ebenbürtigem Niveau zu überzeugen wie Blanchett. Keine einfache Aufgabe - und deshalb umso beeindruckender und ein gutes Beispiel dafür, auf welch hohem Niveau 'Blue Jasmine' angesiedelt ist. Eine mehr als bittersüsse, fast schon zynische Komödie die perfekt aufzeigt, dass Woody Allen noch lange nicht zum alten Eisen gehört und nach wie vor ein sehr gutes Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen der neurotischen Art hat.

'Blue Jasmine' macht nicht nur in inhaltlicher, sondern auch in technischer Hinsicht eine sehr gute Figur und überzeugt auf dem hochauflösenden Format mit einer hochwertigen Bild- und Tonqualität. Das Bild mag von einer gelblichen Filterung geprägt sein, doch diese wirkt sich weitaus weniger negativ auf den Gesamteindruck aus, als was man es meinen könnte - im Gegenteil sogar: Das Bild wirkt dennoch natürlich und weist Werte auf, die für viel High-def Feeling sorgen. Der Ton mag genre- und stilmittelbedingt zurückhaltend sein, macht aber einen zufriedenstellenden Eindruck. Die Extras-Auswahl